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4. Internationales Phlebologisches Symposium 

„Grenzfälle und Randbereiche in der Phlebologie“ lautete der Titel des 4. Internationalen Phlebologischen Symposiums von Juzo am 16. November 2019 in Berlin. Das Programm war mit Vorträgen zu seltenen phlebologischen Erkrankungen, besonderen Indikationen der Kompressionstherapie und Thromboembolischen Erkrankungen sehr vielfältig aufgestellt. Weitere Schwerpunkte bildeten die Zukunft der Varizentherapie und der Phlebologie in Europa sowie aktuelle Aspekte der Kompressionstherapie aufgrund der neuen Leitlinien. 

Es sei wichtig, dass in einer  angenehmen Atmosphäre Raum für Diskussionen und Gespräche geschaffen werde, betonte Prof. Dr. med. Eberhard Rabe, Facharzt für Dermatologie und Phlebologie, Bonn. Als wissenschaftlicher Leiter der Veranstaltung freute er sich, fast 200 Teilnehmer aus 11 Ländern begrüßen zu dürfen. Prof. Dr. med. Eberhard Rabe verdeutlichte, dass Ärzte, Therapeuten und medizinischer Fachhandel sich bei Veranstaltungen wie dieser bestmöglich vernetzen könnten. 

Neue Leitlinien in der Kompressionstherapie 

Prof. Dr. med. Eberhard Rabe eröffnete die Vortragsreihe mit der Vorstellung der neuen AWMF S2k Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Varikose“, die im März 2019 veröffentlicht wurde. Die Deutsche Gesellschaft für Phlebologie hat diese federführend in Zusammenarbeit mit anderen Fachgesellschaften und Berufsverbänden betreut. Neben einigen Empfehlungen der Leitlinie ging er auch auf das Thema An- und Ausziehhilfen ein und stellte neue Indikationen einer Kompressionstherapie vor. Um eine qualifizierte Versorgungssituation in der Kompressionstherapie gewähren zu können, müsse auch das Rezept mit allen nötigen Infos vom Arzt ausgestellt werden.  

Seltene phlebologische Erkrankungen 

PD Dr. med. Peter Waldenberger, Salzburg/Österreich, machte mit seinem Vortrag zu venösen low-flow-Malformationen den Einstieg zu den seltenen phlebologischen Erkrankungen. Vaskuläre Anomalien müssen, um eine korrekte Diagnose stellen zu können, exakt zugeordnet werden. Dr. Waldenberger stellte dem Publikum deshalb die aktuelle Version der „ISSVA calssification for vascular anomalies“ vor, mit der eine genauere Einteilung in vaskuläre Tumore und vaskuläre Malformationen möglich sei. Die Diagnose und Behandlung von Malformationen sei multidisziplinär, weshalb sich eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten ergebe. Der Bogen spanne sich von konservativen Maßnahmen bis hin zu kombinierten interventionellen - chirurgischen Eingriffen wie z.B. Sklerosierungen.  

PD Dr. med. Severin Läuchli, Zürich/Schweiz, referierte über venöse und kapillare Gefäßtumore. Diese gehören zu einer Gruppe von Neoplasien und wären häufig schwer von vaskulären Malformationen abzugrenzen. Man unterscheide zwischen benignen vaskulären Neoplasien und niedrig-malignen vaskulären Neoplasien. Angiokeratome beispielsweise würden häufig bei Erwachsenen auftreten und lassen sich zu den benignen vaskulären Neoplasien zählen. Dagegen sei das Kaposi-Sarkom ein niedrig-maligner Gefäßtumor der in vier Varianten auftreten könne und durch die HHV-8 Viren ausgelöst werde. Er wies darauf hin, dass diese Form eine große Ähnlichkeit mit der Akroangiodermatitis Mali (Pseudo-Kaposi) hätte und besonders bei Patienten mit CVI auftrete. 

Ursache von schmerzhaften Ulzera an den Unterschenkeln müssten nicht immer eine chronische venöse Insuffizienz (CVI) oder eine arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) sein. Prof. Dr. med. Joachim Dissemond, Essen, stellte in seinem Vortrag „Ulcus cruris ohne CVI und pAVK“ weitere Krankheitsbilder vor, die ebenfalls ein Unterschenkelgeschwür zur Folge haben können. Vaskulitis, Livedo-Vaskulopathie, Pyoderma gangraenosum, Dermatitis artefacta, Necrobiosis lipoidica, Neoplasien, Medikamente oder auch kutane Artefakte können beispielsweise Ursache für ein Geschwür sein. Die Basis einer erfolgreichen Therapie der Patienten mit chronischem Ulcus sei die korrekte Diagnose. Dabei müsse die Diagnostik und Therapie interdisziplinär und interprofessionell erfolgen. Als Therapieoptionen stehen konservative, operative, interventionelle oder systemische Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zudem komme einer begleitenden Kompressionstherapie in der Behandlung der meisten Patienten mit chronischem Ulcus cruris und Ödemen eine große Bedeutung zu.  

Besondere Indikationen der Kompressionstherapie 

Ob eine Kompressionstherapie bei Ödempatienten mit pAVK möglich sei, war Thema des Vortrags von Dr. med. Tim D. Wentel, Schiedam/Niederlande. Unabdingbar sei eine Durchblutungsmessung an Arm und Knöchel (ABI = Ankle Brachial Index und ABPI = Ankle Brachial Pressure Index), um eine pAVK ausschließen zu können. Nur bei einem Wert zwischen 1,0 und 1,3 wäre eine Kompressionstherapie ohne Probleme durchführbar. Wäre der Wert aber kleiner als 0,5, so sei der Verdacht auf eine schwere arterielle Verschlusskrankheit hoch und von einer Kompressionstherapie unbedingt abzuraten. Auch bei einem Wert größer als 1,3 sei eine Kompressionstherapie nicht ohne weiteres zu empfehlen. Dr. Wendel riet dazu, Fachexperten wie z.B. Gefäßchirurgen vor derartigen Diagnosestellungen hinzuzuziehen.  

Dr. med. Simon Classen, Bad Nauheim, verdeutlichte, dass eine Kompressionstherapie bei Diabetes mellitus und Ödem keine absolute Kontraindikation sei. Der Diabetes mellitus stelle Therapeuten und Ärzte oft vor vielfältige Probleme. Eine häufige Folge des Diabetes mellitus sei eine Neuropathie der peripheren Nerven, bekannt auch als diabetisches Fußsyndrom (DFS). Der diabetische Ödem-Patient habe häufig Wunden, die schlecht abheilen und meist spät erkannt werden, da oft die Sensorik der betroffenen Stellen beeinflusst sei. Das Lymphgefäßsystem spiele dabei eine entscheidende Rolle, da es im Rahmen der autonomen Neuropathie als das wesentliche Transportsystem für interstitielle Flüssigkeit überfordert, gar negativ beeinflusst werde. Unter Ausschluss verschiedener Kontraindikationen riet Dr. Classen aber auch bei Diabetes mellitus Patienten zu einer Kompressionstherapie. 

Carolin Mitschang, Münster, widmete sich dem Thema Kompression bei Vasculitis und Erysipel. Bezugnehmend auf die aktuelle AWMF Leitlinie S2k seien entzündliche Dermatosen der Beine eine Indikation für eine Kompressionstherapie. Klinisch betrachtet sei ein Erysipel eine Entzündung und wäre somit eine Indikation. Die Hypothese, dass eine Kompressionstherapie eine Keimverschleppung begünstige, könne weder bestätigt noch widerlegt werden, da es aktuell keine Daten gäbe. Aus der Literatur gehe keine klare Empfehlung hervor bezüglich des bestmöglichen Zeitpunktes für den Einsatz einer Kompressionstherapie. In der Praxis bleibe es also eine individuelle Einzelfallentscheidung. Die Kompressionstherapie sei sowohl bei der Immunkomplexvaskulitis als auch zur Rezidivprophylaxe Therapie der Wahl. 

Was ist eigentlich Medizinische adaptive Kompression? Dieser Frage ging PD Dr. med. Eva Valesky, Frankfurt am Main, nach. Neben Kompressionsbandagen und Kompressionsstrümpfen gäbe es auch Medizinische adaptive Kompressionssysteme (MAK). Gerade in der initialen Phase eines Ulcus cruris oder der Lymph- und Lipödementstauung seien diese gut einsetzbar. Für verschiedene Körperbereiche gäbe es verschiedene Modelle und der Patient habe die Möglichkeit, sich relativ einfach selbst mit Kompression zu versorgen. Das unelastische Material mit hoher Stiffness sei in der Volumenreduktion effektiver als die gängigen Kompressionsverbände und auch Ulzera können so schneller abheilen. Dr. Valesky verdeutlichte, dass die Systeme eine komplexe Entstauungstherapie nicht ersetzen können, aber ein adaptives Kompressionssystem in der Erhaltungsphase eine optimale Anwendung finden würde. Die Patienten würden seltener Termine beim Arzt oder Therapeuten benötigen und so auch den Krankenkassen viel Geld sparen. 

Thromboembolische Erkrankungen 

PD Dr. med. Felizitas Pannier, Bonn, berichtete über Neues aus dem Bereich der oberflächlichen Venenthrombose (OVT). Unter Berücksichtigung der ACCP Leitlinien und auf Basis einiger Studien wie z.B. der CALISTO-Studie stellte sie Indikationen für eine Antikoagulation vor. So könne Fondaparinux das Risiko für thromboembolische Komplikationen bei Patienten, die eine OVT haben, senken. Die SURPRISE-Studie (Beyer-Westedorf J et al.) stelle Rivaroxaban Fondaparinux gegenüber, wobei beide Medikamente eine präventive Wirkung hätten. So könne bei einer OVT einer tiefen Beinvenenthrombose (TVT) vorgebeugt werden. Neben den Risiken für eine TVT, wie z.B. ein BMI über 30 oder Patienten, die bereits eine TVT hatten, ging PD Dr. med. Felizitas Pannier auf die Anamnese und Therapie einer TVT ein. Zusätzlich zur Mobilisierung und einer Antikoagulation stehe auch hier die Kompressionstherapie im Vordergrund.  

Der Zusammenhang von Langzeitantikoagulation und Kompression nach einer Thrombose war Thema von Dr. med. Horst-E. Gerlach, Viernheim. Diese müssten immer parallel durchgeführt werden. Die Frage nach einer Langzeitbehandlung stelle sich nach drei, spätestens aber nach sechs Monaten (AWMF Leitlinie S2k „Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie“). Dann müsse anhand der Ursache der TVT (temporär oder chronisch) über eine weiterführende Behandlung mit sowohl Antikoagulation als auch Kompression entschieden werden. Das Ziel einer Langzeitbehandlung sei immer eine Rezidiv-Verhinderung von TVT und/oder einer Lungenembolie. Auf die Dauer einer Langzeitantikoagulation würden verschiedene Faktoren, wie z.B. Begleiterkrankungen des Patienten Einfluss haben. Eine weiterführende Kompressionsbehandlung könne jedoch auch nach der akuten Behandlungsphase einer TVT sinnvoll sein. 

Perspektivische Ausblicke

Die Therapie der Stammvarikose befinde sich seit einigen Jahren im Wandel, so Prof. Dr. med. Thomas M. Pröbstle, Mannheim, der über zukünftige Behandlungsmethoden der Stammvarikose referierte. Seit 2008 werden beispielsweise zur Behandlung von Varizen non-tumescent-non-thermal-Verfahren (NTNT), wie z.B. der Cyanoacrulat Kleber (CA), verwendet. Verglichen mit anderen Methoden wie der endothermischen Behandlungen mit Laser oder Ultraschall (HIFU) sei der Kleber gleichwertig. Das FDA-geprüfte Verfahren habe einige Vorteile gegenüber endothermischen oder chirurgischen Methoden, da beispielsweise keine Lokalanästhesie benötigt werde. Auch wenn Operation und endothermische Behandlungen in Zukunft weiterhin durchgeführt werden, so finde die Behandlung mit Cyanoacrulat Kleber immer häufiger Anwendung.  

Die Vortragsreihe schloss Fabrizio Mariani M.D., Siena/Italien, mit einem Ausblick auf die Zukunft der Phlebologie in Europa. Er stellte die Phlebologie als interdisziplinäre und multidisziplinäre Fachrichtung vor. Es wäre aber wichtig, gerade weil so viele Fachrichtungen in der Phlebologie tätig seien, Spezialisten auszubilden. Hierzu gäbe es seit 1958 die Union Européenne des Médicins Spécialists (UEMS), die älteste medizinische Organisation in Europa. 

Venenerkrankungen gehörten zu den häufigsten Krankheiten weltweit und würden in Zukunft mit der immer älter werdenden Bevölkerung sogar noch zunehmen. Der Bedarf an Phlebologen werde also auch zukünftig steigen. Die UEMS stelle europaweit ein Schulungsangebot für Ärzte und Medizinstudenten aller Fachrichtungen bereit, um im Bereich Phlebologie Spezialisten auszubilden und so die Kompetenz im phlebologischen Bereich sicherzustellen.  

Im Rahmen des Symposiums überreichte Roger Willms, Bereichsleiter Strategie bei Juzo, einen Spendencheck in Höhe von 5.000 Euro an Prof. Dr. med. Eberhard Rabe und Dr. med. Horst-E. Gerlach. Der Betrag wurde von Juzo zu Gunsten des Vereins FOCUS e.V. gespendet, wo Dr. Gerlach seit zwanzig Jahren im Vorstand ist. Der Verein fördert die Partnerschaft zwischen Viernheim und der Gemeinde Satonévri / Silly im afrikanischen Burkina Faso. FOCUS steht für Freundschaft, Offenheit, Cooperation, Unterstützung für Satonévri und Silly. Das Geld werde benötigt, um in Silly ein Krankenfahrzeug für das bereits aufgebaute Krankenhaus anschaffen zu können, erklärte Dr. med. Horst-E. Gerlach. 

Der wissenschaftliche Leiter, die Referenten und der Veranstalter waren mit der Teilnehmeranzahl und dem sehr positiven Feedback zur Veranstaltung mehr als zufrieden. Die Vorbereitungen für das 5. Internationale Phlebologische Symposium am 07.11.2020 in Mönchengladbach laufen bereits auf Hochtouren. 

Julius Zorn GmbH

Juzo mit Hauptsitz im bayerischen Aichach wurde 1912 in Zeulenroda (Thüringen) gegründet und beschäftigt weltweit über 1.100 Mitarbeitenden. Mit der Schwesterfirma in den USA und den verschiedenen Tochterfirmen und Vertriebsorganisationen in Europa und Kanada bedient der Hersteller medizinischer Hilfsmittel einen internationalen Markt. Als Spezialist mit über 100 Jahren Erfahrung in der Kompressionstherapie hat Juzo es sich zur Aufgabe gemacht die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern und Beschwerden nachhaltig zu lindern. Dafür produziert das Unternehmen innovative Produkte – größtenteils „Made in Germany“ – aus den Bereichen Phlebologie, Lymphologie, Narbenmanagement und Orthopädie wie Kompressionsversorgungen in Rund- und Flachstrick sowie Bandagen und Orthesen. Neben den Produkten der Fachhandels-Marke Juzo gibt es die Juzo Akademie mit Fortbildungen für den medizinischen Fachhandel, die Marke sportomedix mit hochfunktionellen Produkten für ambitionierte Sportlerinnen und Sportler und die Marke EquiCrown mit medizinischen Kompressionsbandagen für Pferde. Mit Hightech, Handarbeit und Herzblut arbeiten die Mitarbeitenden bei Juzo an innovativen und individuellen Lösungen für mehr Lebensfreude in Bewegung. Weitere Infos unter juzo.de

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