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Düsseldorfer Lymphologisches Symposium

Faszination Lymphologie – unter diesem Motto stand das 1. Düsseldorfer Lymphologische Symposium von Juzo, das am 12.September 2020 als Online-Symposium über die Bühne ging.

Aus interdisziplinärer und interprofessioneller Perspektive betrachtet, vermittelte das Symposium ein Update zu den neuesten und aktuellsten Therapiemöglichkeiten von Lymph- und Lipödemen.  

Das Programm war gespickt mit Vorträgen zur konservativen, zur chirurgischen und diagnostischen Therapie lymphologischer Probleme. Zum lymphologischen Spektrum gehöre aber auch das Lipödem, welches auch immer mit betrachtet werden müsse, erklärte Assoc.-Prof. PD Dr. med. Chieh-Han John Tzou, Wien, wissenschaftlicher Leiter der Veranstaltung. Er betonte, dass eine interdisziplinäre und interprofessionelle Betrachtung immer notwendig sei, um die Therapie von Lymph- und Lipödemen ganzheitlich sehen zu können. Nur so könne das Therapieziel erreicht werden– nämlich den Patienten mehr Lebensqualität zurückzugeben. 

Ganz besonders freute Assoc.-Prof. PD Dr. med. Chieh-Han John Tzou sich über mehr als 130 Teilnehmer aus 18 unterschiedlichen Ländern, die via Live-Stream die Vorträge des  Online-Symposiums verfolgten und Fragen stellen konnten.  

Auch der praktische Teil der Veranstaltung kam nicht zu kurz – zusätzlich zu den Vorträgen konnten die Teilnehmer bei der Demonstration einer manuellen Lymphdrainage (MLD) live mit dabei sein. Am Ende des Programms gab es die Möglichkeit, die Schaumstoffbandagehilfe SoftCompress näher kennen zu lernen. Anhand einer Live Demonstration am Patienten wurden die Wirkungsweise und Handhabung von SoftCompress gezeigt.  

Interdisziplinär und interprofessionell 

Thema des Vortrags von Prof. Dr. med. Hidehiko Yoshimatsu, Tokyo, „Advanced Surgical Treatment for Lymphedema, including Lymphatic Systems“, war die chirurgische Behandlung des Lymphödems, insbesondere des Lymphgefäßsystemtransfers. Neben der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE), Medikation und chirurgischen Behandlungsmöglichkeiten, gäbe es die Option der Lymphovenösen Anastomosen (LVA)  um ein Lymphödem kurativ und nachhaltig zu behandeln. Diese sei, ebenso wie der Lymphknotenlappentransplantation, eine Behandlungsoption zusätzlich nach der KPE. Die KPE ist immer die Therapie erster Wahl. 

Dr. med. Norman Best, Jena, widmete sich dem Thema „Lymphödem und Faszien“ – wie sind Faszien ins Bewegungssystem integriert und wie sie therapiert werden können? Es sei entscheidend, dass man den menschlichen Körper als segmentale Verschaltung betrachte. Um einen Therapieerfolg erzielen zu können, müssten primär die Schlüsselregionen und die dort befindlichen Abflussbereiche behandelt werden – immer in Kooperation mit der KPE. Faszien seien als eine Art Schwamm zu betrachten, der in der Bewegung des Körpers ausgewrungen werde und dann wieder Flüssigkeit aufnehmen könne. Fehle die Bewegung und somit das Entleeren des Schwammes, so könne es zu einem Lymphstau kommen. Atmen, Trinken und Bewegung seien laut Dr. Best mitunter drei der wichtigsten Faktoren in der Behandlung von Lymphödemen. 

Prof. Dr. med. Markus Stücker, Bochum, ging auf die fünf Säulen der KPE als grundlegendes Behandlungskonzept ein. Er stellte im Einzelnen detaillierter die Säulen Hautpflege (ggf. Hautsanierung), Manuelle Lymphdrainage (MLD), Kompressionstherapie, Sport und Bewegung, sowie Aufklärung und Schulung, besonders zum Selbstmanagement der Patienten, vor. Eine erste Phase sei immer, interstitielle Flüssigkeit zu mobilisieren und zu verringern. In einer zweiten Phase werde der Therapieerfolg konserviert und weiter optimiert, wobei das wesentliche Ziel die Verbesserung der Lebensqualität der Patienten sei, so Prof. Stücker. Er stellte einige neue und wichtige Aspekte in der Behandlung von Lymphödemen in den Fokus, wie beispielsweise die Tatsache, dass Ekzeme selten eine Allergie gegen den Kompressionsstrumpf seien, sondern meist eine unzureichende Hautpflege der Hintergrund dafür sei. Die Therapie funktioniere nur dann, wenn die Patienten gut über Notwendigkeit und Wirkungsweise aufgeklärt werden, dann erhöhe sich zwangsläufig das Verständnis und somit steige die Therapietreue der Patienten.  

Primarius Dr. med. Christian Ure, Wolfsberg, stellte die Diagnostik und Therapiemöglichkeiten des primären Lymphödems vor. Neben der Anamnese, Inspektion und Palpation als grundlegende Basisdiagnostik erleichtere die AWMF S2K Leitlinie die Diagnostik primärere Lymphödeme. Er erläuterte die jeweiligen Arbeitsgruppen (AG) der Leitlinie, wie beispielsweise die AG 4 5 Säulen der KPE, die nach wie vor den Goldstandard in der Therapie des Lymphödems bilden. Die Bedeutung der 5. Säule, die Aufklärung, sei ganz zentral. Da die Diagnose des primären  Lymphödems durch eine steigende Awareness heute viel früher gestellt werden und eine Therapie rascher einsetzen könne, zudem die operativen Möglichkeiten immer besser werden, gäbe es Hoffnung, Patienten immer häufiger bereits  in einem frühen Stadium behandeln zu können. So könne von Anfang an Lebensqualität erhalten werden.  

Welche internistischen Barrieren die Lymphödemtherapie behindern können, zeigte Dr. med. Barbara Netopil, Königstein, in ihrem Vortrag anhand von Fallbeispielen. Sie sprach auch über das sekundäre Genitallymphödem, das häufig noch ein Tabu-Thema sei. Mehr Männer als Frauen seien davon betroffen, wobei die Zahl der Fälle generell gesunken sei, aufgrund der weniger aggressiven Bestrahlungsmethoden und der geringeren chirurgischen Interventionen, die heute meist auch minimalistisch durchgeführt werden. Es sei enorm wichtig, dass die Motivation und die Lebensumstände der Patienten stimmen um die Therapie konsequent durchführen zu können. Wenn dies im Einklang sei,  können teilweise erstaunliche Erfolge erzielt werden, so Dr. med. Barbara Netopil. 

Assoc.-Prof. PD Dr. med. Chieh-Han John Tzou gab einen Einblick in die Möglichkeiten der rekonstruktiven Chirurgie in der Lymphologie. In seinem Überblick über die chirurgische Therapie machte er einen Abriss durch die Historie. Ein Schwerpunkt seines Vortrags waren die Lymphknotenlappentransplantation (VLNT) und die Lymphovenösen Anastomosen (LVA), als rekonstruktives Verfahren, welches bereits 1960 von Jacobson durchgeführt und publiziert wurde. Prof. Tzou erläuterte die Bedeutung und Funktionsweise der Kombinationstherapie aus einem VLNT und LVA. Die Stadien des Lymphödems können mit den ICG Kamerbildern korrelieren (Stardust, Dermal Backflow, etc.). Nicht immer werden mittels ICG alle vorhandenen Lymphgefäße dargestellt. Es gäbe hier die Möglichkeit eines Ultraschalls, um tiefe Lymphgefäße sichtbar zu machen und dann ggf. eine LVA durchführen zu können. Die rekonstruktive Lymphchirurgie sei eine gute Wahl, um den Patienten kurativ helfen zu können – immer in Kombination mit der KPE. In jedem Stadium werde mit der KPE begonnen. Sofern eine Operation durchgeführt werden soll, gelte immer Rekonstruktion vor Resektion und die erste Wahl sei die LVA.  Bei der rekonstruktiven Chirurgie seien eine Ernährungs- sowie eine konservative Therapie eine Voraussetzung. 

Dr. med. Annet Reißhauer, Berlin, verdeutlichte die Bedeutung der Entstauungstherapie nach chirurgischen Interventionen. Physikalische Therapieverfahren wie Entstauungstherapie oder MLD werden häufig als ein Add-on gesehen, wobei diese in der Akutklinik einen wesentlichen Bestandteil der Therapie ausmachen würden. Therapieziele einer stationären Behandlung seien mit denen einer ambulanten Behandlung identisch. Eine MLD sei aus der Therapie postoperativer und posttraumatischer Ödeme und Lymphödeme nicht wegzudenken und unterstütze die Wundheilung, führe zu einer Ödemreduktion, verbessere die Beweglichkeit und reduziere Schmerzen. Die Entstauungstherapie habe einen festen Stellenwert im Therapiespektrum der Akutklinik. Mit rund 13 % seien die „Hauptverbraucher“ der MLD die Orthopädie und Unfallchirurgie. Dr. med. Annet Reißhauer führte an, dass neben der Entstauung auch z.B. die Tiefenoszillation oder thermische Verfahren wie die Kaltlufttherapie, additiv eingesetzt werden.  

Dr. med. Kira Süßmuth, Münster, ging der Frage nach, ab wann bei ausgeprägten phlebologischen Erkrankungen die lymphologische Komponente beginne. Besonders bei einem Mischbild aus Phleb-Lymphödem mit einer chronisch venösen Insuffizienz (CVI), einer tiefen Beinvenenthrombose (TVT) oder einem postthrombotischen Syndrom (PTS) führe häufig ein Flüssigkeitsrückstau durch z.B. eine CVI zu einer Überforderung des Lymphsystems und zu einer sekundären Lymphabflussstörung. In solch einem Fall müsse zuerst die CVI und dann das Lymphödem therapiert werden. An erster Stelle stehe die Entstauung, dann die Sanierung der Varikose und die Fortführung der Kompressionstherapie, ggf. eine MLD, so Dr. med. Kira Süßmuth. Eine lymphologische Komponente beginne ab dem Zeitpunkt, wo eine Varikose mit dem Ödem zusammen auftrete. Je ausgeprägter eine CVI sei, desto höher sei die Gefahr eines zusätzlichen Lymphödems. Jedoch könne die Lymphödemkomponente auch bei geringgradiger CVI auftreten. Auf jeden Fall müsse jedes Lymphödem bei einer CVI therapiert werden um Folgeschäden zu vermeiden. Mittel der Wahl sei hier immer die KPE. 

Dr. med. Stefan Rapprich, Bad Soden, eröffnete den letzten Block der Veranstaltung mit seinem Vortrag zu Diagnostik und Therapiemöglichkeiten des Lipödems. Die Erstmanifestation des Lipödems sei häufig in der Pubertät, in der Schwangerschaft oder in der Menopause. Grund für die Entstehung seien meist hormonelle Schwankungen. Dr. Rapprich erläuterte einige Eckpunkte, die für eine Liposuktion gegeben sein müssen und stellte zwei gewebeschonende Methoden der Liposuktion vor – die Vibrations-assistierte Liposuktion (Power Assisted Liposuction – PAL) und die Wasserstrahl-assistierte Liposuktion (Water Jet Assisted Liposuction – WAL). In erster Linie sei die Liposuktion mit einer Schmerztherapie vergleichbar und sei eine wirksame Therapie beim Lipödem, funktioniere aber nur in einem umfassenden Therapiekonzept aus Ernährung, Sport, Kompression, MLD und psychologischer Unterstützung. Nur die Verbindung dieser Aspekte  könne gute Ergebnisse hervorbringen.  

Dr. med. David Benjamin Christel, Köln, stellte in seinem Übersichtsvortrag „Die Liposuktion bei Lipödem“ Langzeitergebnisse und Erfahrungsberichte vor. In einer Studie von 2004 wurden von 762 Patientinnen mit Lipödem 81,6% konservativ behandelt und 18,3 % mit einer lymphologischen Liposkulptur nach Prof. Dr. Cornely operiert. Bei allen operierten Patientinnen war bereits ein bis zwei Wochen nach der Operation kein Lipödemschmerz mehr vorhanden. Er präsentierte neuere Ergebnisse und Erfahrungsberichte von Patientinnen aus einer Studie mit insgesamt über 3000 Teilnehmerinnen (1997-2012), von denen 592 Teilnehmerinnen operiert wurden. Abgefragt wurden Zeit der Diagnosestellung (rund 6 Jahre bis zur Diagnosestellung), Verbesserung der postoperativen Lebensqualität und Schmerzrückgang, als auch kosmetische Zufriedenheit. Mehr als 90% würden angeben, dass die Lebensqualität nach der operativen Therapie deutlich besser und sie mit dem Ergebnis zufrieden seien. 

Prof. Dr. med. Peter L. Stollwerk, Gütersloh, stellte den Zusammenhang von Ödemen und Narben in den Fokus. Ödeme hätten auf mechanischer Ebene einen gemeinsamen Nenner mit Narben: Falltürnarben würden beispielsweise den Abfluss in Kutis und Subkutis verhindern oder stören - dadurch können Ödeme entstehen.  Bei Hautspannungen durch Ödeme oder Zug auf die Narbe würden hypertrophe Narben vermehrt entstehen. Eine adäquate Lösung sei die physikalische Therapie mit Kompression. Man dürfe nicht aus den Augen verlieren, dass Ödemreduktion eine große Bedeutung für die erfolgreiche Narbentherapie hätten. Die Reduktion oder Elimination von Ödemen fördere die Wundregeneration und Narbenreifung. Für die Therapie von Ödemen und Narben seien vor allem multimodale Therapieregime sinnvoll, die eine anti-inflammatorische Wirkung aufweisen würden. 

Dr. med. Najib Jawadi, Düsseldorf, erläuterte die wechselseitige Beziehung zwischen Ödemen und Wunden. Wichtigste Aufgabe des Lymphgefäßes sei die Sicherung der Flüssigeitshomöostase im Gewebe. Erkrankungen, die Störungen der Homöostase verursachen, können zu Wundentstehung oder zur Chronifizierung von Wundheilungsstörungen führen. Bei lymphologischen Wunden bestehe aufgrund der Gewebefibrosierung eine Störung der makro- und mikrovaskulären Versorgung. Im Alltag hätte sich das TIME Konzept (Tissue, Infection,  Moisture und Edge) bewährt. Wichtig sei,  das Gewebe von Nekrosen und Wundbelägen zu befreien, eine Infektionsbehandlung und -prophylaxe, Exsudatmanagement und Wundrandschutz. Ohne eine suffiziente Entstauungstherapie könne keine effiziente Wundheilung erreicht werden.  

Dr. med. Olaf Deling, Düsseldorf, schloss die Fortbildung mit einer ganzheitlichen Betrachtung des Lymphödems in der Therapie, die im Grunde aus der konservativen, der operativen und der medikamentösen Therapie bestehe. Er betonte, wie wichtig es sei, bei Lymphödemen Infektionen mittels beispielsweise Hautpflege, Fußpilzsanierung, Naturheilkunde und Kompression zu vermeiden. Er stellte einige Lymphpflanzen vor, die zum Beispiel entzündungshemmend wirken oder die lymphogene Transportlast fördern (knotiger Braunwurz). Die Homöopathie sei ein Add-on zu den Säulen der KPE (MLD,  Flachgestrickte Kompression, Bewegungstherapie und Hautpflege) und nicht die Therapieoption erster Wahl. Dr. Deling betonte, dass die Lymphtherapie interdisziplinär und ganzheitlich erfolgen müsse und immer der Patient im Mittelpunkt stehe. 
Der wissenschaftliche Leiter, die Referenten und der Veranstalter waren mit der Teilnehmeranzahl und dem sehr positiven Feedback zur Veranstaltung mehr als zufrieden.  
 

Bilder: Juzo
Fotograf: Markus Bachmann 

Julius Zorn GmbH

Juzo mit Hauptsitz im bayerischen Aichach wurde 1912 in Zeulenroda (Thüringen) gegründet und beschäftigt weltweit über 1.100 Mitarbeitenden. Mit der Schwesterfirma in den USA und den verschiedenen Tochterfirmen und Vertriebsorganisationen in Europa und Kanada bedient der Hersteller medizinischer Hilfsmittel einen internationalen Markt. Als Spezialist mit über 100 Jahren Erfahrung in der Kompressionstherapie hat Juzo es sich zur Aufgabe gemacht die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern und Beschwerden nachhaltig zu lindern. Dafür produziert das Unternehmen innovative Produkte – größtenteils „Made in Germany“ – aus den Bereichen Phlebologie, Lymphologie, Narbenmanagement und Orthopädie wie Kompressionsversorgungen in Rund- und Flachstrick sowie Bandagen und Orthesen. Neben den Produkten der Fachhandels-Marke Juzo gibt es die Juzo Akademie mit Fortbildungen für den medizinischen Fachhandel, die Marke sportomedix mit hochfunktionellen Produkten für ambitionierte Sportlerinnen und Sportler und die Marke EquiCrown mit medizinischen Kompressionsbandagen für Pferde. Mit Hightech, Handarbeit und Herzblut arbeiten die Mitarbeitenden bei Juzo an innovativen und individuellen Lösungen für mehr Lebensfreude in Bewegung. Weitere Infos unter juzo.de

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