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5. Schweizer Lymphsymposium

Das Thema des 5. Schweizer Lymphsymposiums am 9. September 2023 lautete „Betrachtung vaskulärer Malformationen sowie die Therapie von Ödemen aus unterschiedlichen interdisziplinären Blickwinkeln“. Unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. med. Stephan Wagner, Facharzt für Angiologie und Innere Medizin, Senior Consultant Angiologie in Bad Zurzach, Schweiz, trafen sich internationale Expertinnen und Experten, um sich zur Genetik vererbter Lymphödeme, konservativen und operativen Therapiemöglichkeiten sowie der therapeutischen Lymphangiogenese auszutauschen.

Die Veranstalter freuten sich über die Teilnahme von Referierenden aus der DACH-Region und den USA. Das 5. Schweizer Lymphsymposium fand in diesem Jahr erstmals wieder als reine Präsenzveranstaltung statt, was den etwa 160 Teilnehmenden einen regen persönlichen Austausch ermöglichte. Im kommenden Jahr wird in Zürich das 6. Schweizer Lymphsymposium stattfinden.

Nach der Begrüßung der Teilnehmenden durch Dr. med. Stephan Wagner und Dr. med. Meinolf Dorka, Facharzt für endoluminale Thermoablation, Uster, Schweiz, erläuterte der Humangenetiker und Arzt Dr. rer. nat. Dr. med. René Hägerling, Berlin, die genetischen Grundlagen hereditärer Lymphödeme. Für die Kontrolle einer Lymphabflussstörung biete sich die Fluoreszenzmikroskopie zur Darstellung der beteiligten Gefäße an. Zur Diagnostik des primären Lymphödems seien eine Einteilung in die verschiedenen Ödemformen sowie die molekulargenetische Analyse wichtig. Zu den Erkrankungen, die mit einer Sequenzveränderung in der DNS und einem Lymphödem verbunden seien, zählten beispielsweise das Turner-Syndrom, das Emberger-Syndrom, das Lymphödem-Distichiasis- und das Proteus-Syndrom, der Mosaizismus und als häufigste Form das Lymphödem Typ Milroy.

Über die Bedeutung von vaskulären Malformationen in Verbindung mit einem Lymphödem referierte PD Dr. med. Robert Clemens, Männedorf, Schweiz. Zur häufigsten Fehldiagnose zählten laut Clemens Tumorerkrankungen. Bei arteriovenösen Gefäßmalformationen gelte, dass ein Lymphödem sich umso progressiver verhält, je älter die Betroffenen sind. Empfehlenswert sei stets eine genetische Abklärung des Ödems.

Der Internist und Angiologe Prim. Dr. med. Christian Ure, Wolfsberg, Österreich, berichtete über die Behandlung von Kindern mit lymphatischen Malformationen. Die wichtigste Unterscheidung von Gefäßanomalien seien die vaskulären Malformationen, die vaskulären Tumore und die komplexen kombinierten Malformationen. Nur etwa eines von 6.000 Kindern leide an einem primären Lymphödem, beim überwiegenden Teil seien sekundäre Ursachen die Auslöser. Bei Heranwachsenden unter 20 Jahren liege die Inzidenz eines primären Lymphödems bei 1:87.000, wobei Frauen um den Faktor 4,5 häufiger als Männer betroffen seien. Auch Spontanmutationen würden häufiger beobachtet als das erblich bedingte Lymphödem. Eine frühzeitige und gründliche Diagnose mit Inspektion, Palpation, genetischer Analytik und Familienanamnese hinsichtlich eines primären Lymphödems könne junge Menschen vor einer lebenslangen Bürde bewahren.

Der folgende Vortrag von Dr. med. Lisanne Grünherz, Universitätsspital Zürich, Schweiz, behandelte die operativen Möglichkeiten von lymphatischen Malformationen bei Kindern. Die Oberärztin der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie erläuterte die unterschiedlichen chirurgischen Techniken: die lymphovenöse Anastomose (LVA), den vaskularisierten Lymphknotentransfer (VLNT) und die Lymphgefäßtransplantation (LLT). Neben der strengen Indikationsstellung eines operativen Eingriffes werde dieser erst in späten Stadien bei Kindern diskutiert. In den meisten Fällen sei das Zusammenspiel mehrerer Operationstechniken zielführend, wie zum Beispiel die Kombination aus VLNT und LVA.

Spannende Einblicke in die Stammzellforschung gab Donny Hanjaya-Putra, PhD, University of Notre Dame, Indiana, USA, mit seinem Vortrag „Engineering Functional Biomaterials with Stem Cells for Therapeutic Lymphangiogenesis“. Er sprach über die Notwendigkeit neuer Therapieansätze bei der Behandlung des Lymphödems, an dem weltweit mehr als 250 Millionen Menschen litten, wobei die geographische Verbreitung sehr unterschiedlich sei. Eine Möglichkeit sieht Hanjaya-Putra in der Applikation von VEGF-C, einem Wachstumsfaktor aus der VEGF-Familie. Die Verabreichung erfolge via Adenoviren oder Zellen, um das körpereigene Immunsystem zu stimulieren. Die Hauptfunktion des VEGF-C sei, Entwicklung und Wachstum der Lymphgefäße (Lymphangiogenese) anzuregen. Eine andere Therapieoption sei der Einsatz von Hydrogelen als Wundverbände. Hydrogele ließen sich in unterschiedlichen Formen erzeugen und könnten zum Erhalt des Lymphsystems eingesetzt werden.

Prof. em. Dr. med. Michael Detmar, Institut für Pharmazeutische Wissenschaften, Zürich, Schweiz, behandelte in seinem Vortrag die Rolle der Lymphangiogenese in der Tumormetastasierung und der Behandlung von Entzündungskrankheiten. Da die lokalen Lymphknoten operativ entfernt würden, wenn der Wächterlymphknoten von Tumorzellen befallen ist, seien Anzahl und Zustand der Lymphgefäße ein Indikator für die Überlebenschancen von Krebserkrankten. Der Zusammenhang zwischen Krebs und Lymphsystem zeige sich erst seit der Möglichkeit, die transparenten Lymphbahnen sichtbar darzustellen. UV-Strahlung dagegen mache Lymphgefäße durchlässiger. Zum Teil bildeten sie sich ganz zurück. Wie sein Vorredner hob Detmar die Bedeutung von VEGF-C als wachstumsfördernden Stoff bei der Lymphangiogenese und seiner entzündungshemmenden Wirkung hervor.

Der Vortrag „Medizinische Kompression im klinischen Einsatz“ von Prof. Dr. med. Jürg Hafner, Universitätsspital Zürich, Schweiz, bot interessante Einblicke in die Anwendung von Kompressionsversorgungen. Seiner Erfahrung nach würden etwa 40 % der Betroffenen ihre Kompressionsstrümpfe aufgrund der schlechten An- und Ausziehbarkeit nicht tragen. Hafner entwickelt aktuell ein Rundgestrick ohne Kompressionswirkung, über dem als zweite Lage Kompressionsbandagen befestigt werden könnten. Dabei solle es sich um eine adhäsive Bandagierung aus mehreren Segmenten handeln, die am Bein kaum verrutscht. Je mehr Segmente angelegt würden, desto höher wäre der Kompressionsdruck. Die seriell geplante Kompressionsversorgung solle möglichst kostengünstig und nutzerfreundlich sein.

Dr. med. Denise Luchsinger, Kantonsspital Winterthur, Schweiz, beleuchtete in ihrem Vortrag den Stellenwert der intermittierenden pneumatischen Kompression (IPK) bei der Lymphödemtherapie. Die Angiologin erläuterte zuerst das Prinzip der IPK, die auch unter der Bezeichnung apparative intermittierende Kompression (AIK) bekannt ist. Über einen festgelegten Zeitraum erzeuge eine Pumpe einen definierten Druck, der sich von distal nach proximal entwickelt. Nach einer Pause wiederhole sich der Zyklus. Luchsinger betonte, dass die IPK ihren Einsatz hauptsächlich als begleitende Ödemtherapie hätte sowie bei Betroffenen eingesetzt würde, bei denen Kontraindikationen für eine Kompressionsversorgung vorlägen. Sie sieht bei Patientinnen und Patienten höheren Alters und bei täglicher Anwendung der IPK die Gefahr, dass ein hoher Druck in Richtung Abdomen aufgebaut werde und Genitalödeme entstehen könnten.

Prof. Dr. med. Yves Harder, Kantonsspital Lugano, Schweiz, und Dr. med. Stephan Wagner, Bad Zurzach, Schweiz, widmeten sich in ihrem Beitrag dem Thema „Die notwendige Interaktion der konservativen und chirurgischen Behandlung bei Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Lymphödem“. Sie wiesen darauf hin, dass ein langfristiger Therapieerfolg nur bei konsequenter Patientencompliance sichtbar werde. Sport, insbesondere Wassersport, sei ein wichtiger Baustein einer ganzheitlichen Behandlung. Da es noch keine medikamentöse Therapie gebe, stellten die Referenten die Kompressionsbehandlung und chirurgische Maßnahmen in den Mittelpunkt der Lymphödemtherapie.

Dr. med. Michaela Heidemann, Luzern, Brigitta Zumbühl, Luzern, und Beat Affolter, Emmenbrücke, alle Schweiz, stellten in ihrem Vortrag die große Bedeutung einer interdisziplinären Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Lymphologie heraus. Die lymphologischen Beschwerden von Brustkrebspatientinnen ließen sich in frühen Stadien gut behandeln, wobei verschiedene chirurgische Techniken zum Einsatz kämen: Die Umleitung der gestauten Lymphe, der Einsatz von Schwämmen und mikrorekonstruktive Lymphchirurgie wie die Lymphknoten-Transplantation, mit der das Wachstum der Lymphgefäße angeregt werde. Sie hoben hervor, dass frühestens 14 Tage nach der Operation eine Kompressionsversorgung angelegt werden dürfe.

Dr. med. Stephan Wagner und Dr. med. Meinolf Dorka, setzten im Schlusswort zum 5. Schweizer Lymphsymposium den Fokus klar auf die Notwendigkeit, bei der Therapie des Lymphödems mit einem interdisziplinär ausgerichteten Netzwerk aus Betroffenen, ärztlichem Fachpersonal, Mitarbeitenden in Sanitätshäusern, Herstellern sowie Therapeutinnen und Therapeuten zu arbeiten. Dabei müssten die Patientinnen und Patienten und ihre Bedürfnisse stets im Mittelpunkt stehen und die Kommunikation auf Augenhöhe erfolgen.

Mehr zu den Veranstaltungen der Akademie finden Sie unter juzo.de/akademie.

Julius Zorn GmbH

Juzo mit Hauptsitz im bayerischen Aichach wurde 1912 in Zeulenroda (Thüringen) gegründet und beschäftigt weltweit über 1.100 Mitarbeitenden. Mit der Schwesterfirma in den USA und den verschiedenen Tochterfirmen und Vertriebsorganisationen in Europa und Kanada bedient der Hersteller medizinischer Hilfsmittel einen internationalen Markt. Als Spezialist mit über 100 Jahren Erfahrung in der Kompressionstherapie hat Juzo es sich zur Aufgabe gemacht die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern und Beschwerden nachhaltig zu lindern. Dafür produziert das Unternehmen innovative Produkte – größtenteils „Made in Germany“ – aus den Bereichen Phlebologie, Lymphologie, Narbenmanagement und Orthopädie wie Kompressionsversorgungen in Rund- und Flachstrick sowie Bandagen und Orthesen. Neben den Produkten der Fachhandels-Marke Juzo gibt es die Juzo Akademie mit Fortbildungen für den medizinischen Fachhandel, die Marke sportomedix mit hochfunktionellen Produkten für ambitionierte Sportlerinnen und Sportler und die Marke EquiCrown mit medizinischen Kompressionsbandagen für Pferde. Mit Hightech, Handarbeit und Herzblut arbeiten die Mitarbeitenden bei Juzo an innovativen und individuellen Lösungen für mehr Lebensfreude in Bewegung. Weitere Infos unter juzo.de

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